Personen, v.l.n.r.: Siegfried Bertsch und Ilse Hageloch, geb. Häbe.
Die im Heimatspiel vorkommenden Figuren sind weitgehendst in Hauffs Roman "Lichtenstein" erfunden worden - sie bieten allerdings ausgeprägtes Identifikationspotential.
Ein schwäbischer Pfarrer formulierte 1907, sicher
stellvertretend für viele württembergische Leser, was diese „markige Gestalt
volkstümlichster Art“ so populär werden ließ, auch wenn sie ‚nur‘ erfunden war.
Der Pfeifer verkörpere nämlich „jenes württembergische Volk, wie es leibte und
lebte, litt und stritt in den bitterschweren Zeiten Ulrichs, zuerst
aufrührerisch und verzweifelt das Aeußerste wagend, hernach alle Unbill
vergessend und für Gnade dankbar, anhänglich an das angestammte Fürstenhaus und
ihm ergeben bis in den Tod. Besonders das Landvolk zeigt sich in dieser
Hinsicht im schönsten Licht. Bei den höheren Ständen hört die Opferfreudigkeit
für den Herzog auf in dem Augenblick, wo neben dem Interesse des Landes auch
ihre Rechte in Frage kommen. Das Volk aber geht wie der Pfeifer mit seinem
Herzog durch dick und dünn, dasselbe Volk, das dem Armen Konrad in hellen
Haufen zuströmt, ist in ebenso dichten Haufen auf den letzten Hilferuf seines
Fürsten an dessen Seite und bildet nach dem Verlust aller festen Plätze sein
einziges Bollwerk, seine letzte Zuflucht und nicht bloß ein Hans, sondern
hunderte haben für ihn geblutet.“ (Zitat nach Pfarrer Rauscher: Der Pfeifer von
Hardt. In: Blätter des Schwäbischen Albvereins. XIX. Jg. 1907, Nr. 3, S.
75-84. Online
in Wikisource.)
Recht viele Württemberger konnten sich in der
Anhänglichkeit des Pfeifers an das „angestammte Fürstenhaus“ offensichtlich
wiederfinden. Hanns, der Pfeifer, gehört – mit seiner spezifischen Form von
württembergischem Patriotismus – zu den literarischen Figuren, auf die man in
den Geschichtsromanzen des schwäbischen Dichterkreises (Kerner, Uhland, Schwab)
häufig trifft. So z.B. auch in Ludwig Uhlands Gedicht Graf Eberhard im
Bart. Dort ist es ein Schwarzwaldhirte, ebenfalls ein Mann aus dem
einfachen Volk, der seinem gräflichen Herrn das Leben rettet. Wobei Uhland,
noch viel deutlicher als Hauff in seinem Lichtenstein, den zeitgenössischen
Lesern eine politische Botschaft mit auf den Weg gibt (Literatur als Denkmal):
In Fährden und in Nöten, |
Die Figur des Pfeifers hielt noch in anderer Hinsicht
ein hohes Identifikationspotential für die württembergischen Leser bereit:
seine Nähe und Liebe zur schwäbischen Landschaft. Als Georgs ortskundiger
Führer über die Schwäbische Alb öffnet der Pfeifer dem jungen Ritter die Augen
für die Schönheit des Landes:
„Ein herrliches Land, dieses Württemberg“, rief Georg, indem sein Auge von Hügel zu Hügel schweifte; „wie kühn, wie erhaben diese Gipfel und Bergwände, diese Felsen und ihre Burgen; und wenn ich mich dorthin wende gegen die Täler des Neckars, wie lieblich jene sanften Hügel, jene Berge mit Obst und Wein besetzt, jene fruchtbaren Täler mit schönen Bächen und Flüssen, dazu ein milder Himmel und ein guter, kräftiger Schlag von Menschen.“ „Ja“, fiel der Bauer ein, „es ist ein schönes Land; doch hier oben will es noch nicht viel sagen, aber was so unter Stuttgart ist, das wahre Unterland, Herr! da ist es eine Freude im Sommer oder Herbst, am Neckar hinabzuwandeln; wie da die Felder so schön und reich stehen, wie der Weinstock so dicht und grün die Berge überzieht, und wie Nachen und Flöße den Neckar hinauf- und hinabfahren, wie die Leute so fröhlich an der Arbeit sind, und die schönen Mädchen singen wie die jungen Lerchen. (Reclam, S. 124f)
Fotoauszug: Album, Siegfried Bertsch / Holzelfingen Bearbeitung + eArchiv: Dieter Bertsch
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