GEA-Artikel (02.09.2006), von Magdalena Kablaoui, anlässlich des 80. Geburtstags von Pfarrer, Atomkraftgegner und Autor Fritz Streitberger.
"Ein bisschen mehr als das Salz in der Suppe" sei er wohl schon gewesen, vermutet Fritz Streitberger im Rückblick auf sein bisheriges Leben. Nicht immer im Sinn der Regierenden habe er gehandelt, sondern in Verantwortung und von seinem Verständnis der Schöpfungstheologie her. Damit spielt der zwischenzeitliche Unterhausener auf seine Rolle als Atomgegner während seiner Pfarrzeit in Ersingen an, als dort damals in zwei Kilometern Entfernung ein Atomkraftwerk gebaut werden sollte.
Doch überregional bekannt geworden ist der evangelische Pfarrer im Ruhestand vor allem als Autor der humorvollen Balladenbändchen, die im Frieling-Verlag erschienen sind. In denen hat er biblisches Geschehen in zeitgenössische Umgangssprache übersetzt und so mit viel Humor "die frohe Botschaft" verkündet.
"An der gefährlichen Schnittstelle zwischen Alt und Bass kennen gelernt".
Nun hat er am 3. September 2008, zusammen mit seiner Frau Mechthild (79), seinen sieben Kindern und fünf Enkeln, seinen 80. Geburtstag gefeiert. Geboren wurde Fritz Streiberger zwar im hohenloischen Pfedelbach, doch seine Kindheit und Jugend verbrachte er in Reutlingen, wo sein Vater von 1928 bis 1947 als Stadtpfarrer an der Marienkirche wirkte.
Mit 16 wurde der Gymnasiast als Luftwaffenhelfer eingezogen, später zum Funker ausgebildet und am 25. April 1945 in der Nähe von Donaueschingen durch einen Granatsplitter schwer verwundet. Doch schon im Sommer begann Streitberger in Tübingen mit dem Studium der evangelischen Theologie. Stationen seines Studiums waren zudem Bonn und Basel, wo er stark vom Theologen Karl Barth geprägt wurde.
Seine Frau Mechthild, mit der er auch die Goldene Hochzeit feiern konnte, lernte er während seiner Tätigkeit als Pfarrvikar in Korntal kennen, im dortigen Jugendchor, "an der gefährlichen Schnittstelle zwischen Alt und Bass", wie er sagt. In Korntal besuchte er oft das dortige Gemeindemitglied Marulla Hesse, die jüngere Schwester Hermann Hesses, in derem letzten Lebensjahr und sei "beeindruckt von ihrer geistigen Frische und Glaubenszuversicht" gewesen. Im März 1953 hielt er ihr die Grabrede und der aus gesundheitlichen Gründen nicht anwesende Hermann Hesse schickte ein Dankschreiben und widmete Streitberger das Gedicht "Licht der Frühe". Als Dorfpfarrer war Fritz Streitberger in Freudenstein, in Neenstetten und in Ersingen tätig.
"Nicht ganz unschuldig" sei er gewesen am Meinungsumschwung der Bürger in Ersingen und Öpfingen bezüglich des dort geplanten Atomkraftwerks, meint Streitberger. Von seinem Verständnis der Schöpfungstheologie her habe er sich dagegengestellt, so der Pfarrer im Ruhestand. Diese Ansicht hat er aber nicht auf die Kanzel gebracht, sondern Seminare organisiert, in denen Physiker, Politiker, Theologen und unmittelbar Betroffene zu Wort kommen konnten - pro und contra unter neutraler Moderation.
Ich fühle mich nicht berechtigt, ihnen den Glauben abzusprechen.
Mit dem Ergebnis, dass die Landwirte dann nicht mehr nur aufs Geld gesehen hätten, das sie beim Kraftwerksbau für ihr Land bekommen hätten. Streitbergers Überzeugung nach dürfte man sich auch als Pfarrer nicht "zurückziehen auf Gott und die Seele", auf einen "Glauben der Innerlichkeit", sondern man müsse "Weltverantwortung wahrnehmen". Deshalb habe er sich unter anderem eine Fotovoltaikanlage auf sein Haus gebaut. "Finanziell lohnt sich das für zwei alte Leute nicht", es setze aber Zeichen - auch für die Kinder und Enkelkinder. Von denen hat Fritz Streitberger zum Geburtstag ein Elektromobil geschenkt bekommen. "Das verbraucht zwar auch Strom, aber wir haben ein gutes Gewissen, weil wir mit unserer Voltaikanlage mehr Strom produzieren, als wir jemals verbrauchen.
Seit 1990 leben die Streitbergers im Ruhestand in Unterhausen. In dieser Zeit verfasste er neben drei Balladenbüchern auch eine Biografie über seinen Vorfahren, den Freiheitskämpfer, Journalisten und Komponisten Christian Friedrich Daniel Schubart, herausgegeben im Salzer-Verlag.
"Was man als Pfarrer zu vertreten hat, ist die gute Botschaft, nicht Gesetze und Vorschriften".
Außerdem dichtete er das "Lichtensteiner Lied" anlässlich des 25-Jahr-Jubiläums der Gesamtgemeinde Lichtenstein, schrieb seine Lebenserinnerungen und gab das Heft "Heiteres und Besinnliches aus Lichtenstein" im Selbstverlag heraus. "Was man als Pfarrer zu vertreten hat, ist die gute Botschaft, nicht Gesetze und Vorschriften", resümiert Streitberger. Er habe "hohen Respekt vor allen, die einen eigenen Glauben, eine eigene Anschauung haben. Ich fühle mich nicht berechtigt, ihnen den Glauben abzusprechen und zu sagen: Meiner ist der richtige".
Foto: GEA-RT / KAB Bearbeitung + eArchiv: Dieter Bertsch
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