Abschrift
Heimatbote für Holzelfingen (Mai und Juni 1929
Das ist
schon lange ein Schmerz der Holzelfinger gewesen, dass im Zeitalter
der Eisenbahn und des Autos immer noch ohne alle öffentlichen
Verkehrsmittel geblieben sind. Und doch gehen täglich über 100
Personen die Steige hinab ins Geschäft. Nun endlich ist ein Anfang
gemacht.
Am 3.
Mai berief der Polizeidiener im Auftrag von Julius Vöhringer eine
Versammlung im Schulhaus zwecks Besprechung der Einrichtung
regelmäßiger Autoverbindung mit Unterhausen, besonders für die
Arbeiter. Julius Vöhringer teilte mit, dass er beabsichtigte einen
Lastkraftwagen anzuschaffen und für Personenbeförderung
einzurichten, falls die Arbeiterschaft sich dieses
Beförderungsmittels ins Geschäft
Und zum
Bahnhof Unterhausen zu bedienen gewillt sei. Selbstverständlich
könne er das Risiko nur auf sich nehmen, wenn er mit allgemeiner
Benützung der Fahrgelegenheit rechnen dürfe. Bei der Besprechung
stellt sich gleich heraus, dass das Unternehmen mit großen
Schwierigkeiten zu rechnen habe. Diese bestehen hauptsächlich darin,
dass außer von der Arbeiterschaft in Holzelfingen kein nennenswerter
täglicher Verkehr aufgebracht wird und auch kein Hinterland
vorhanden ist, das einbezogen werden könnte. Dadurch kann der
Unternehmer die Fahrpreise für die Arbeiter nicht so niedrig
gestalten, als dies für letztere erwünscht ist. Dies umso schwerer
als er zur Beförderung der Arbeiter nicht zwei Fahrten, sondern
mindestens vier Fahrten täglich machen muß (1/2 6 Uhr morgens, 2
Uhr nachmittags, und 10 Uhr abends). Das verteuert den Betrieb
ungemein und erschwert die sonstige Ausnützung des Kraftwagens. Mit
dem Mut der Jugend hat Julius Vöhringer trotz dieser Schwierigkeiten
den Wagen angeschafft und den Betrieb eröffnet. Es war ein Ereignis,
als am 7. Juni abends der Wagen mit der Aufschrift: Julius Vöhringer,
Autovermietung, Holzelfingen einlief und der Polizeidiener abends die
Eröffnung des Betriebs für den folgenden Tag ankündigte, Infolge
einer gleich notwendig gewordenen Reparatur am Kraftwagen trat eine
Pause von 19 Tagen ein. Aber seit Samstag, 22. Juni, fährt er zu
den oben angegebenen Zeiten. Leider kann der Wagen zu Fahrten nach
der Bahn nur morgens, und von der Bahn nur abends von den Zügen ab
Reutlingen 17.22 Uhr und 21.07 Uhr benützt werden. Dagegen wird von
unseren Bäuerinnen sehr geschätzt, dass der Wagen jeden Samstag
nach Reutlingen zum den Markt fährt. So können sie mit ihren
Erzeugnissen bis auf den Marktplatz fahren und sind bis Mittag wieder
daheim. Auch an Sonntagen, bei Hochzeiten und Beerdigungen ist der
Wagen sehr willkommen. Aber diese außerordenlichen Verwendungen
speisen den Verkehr nicht. Er kann bloß aufrechterhalten bleiben,
wenn die Arbeiter sich entschließen, den Wagen zu benützen. Bis
jetzt ist das nicht in der erforderlichen Weise geschehen. Man ist
über den Fahrpreis (2,30 RM. für die Wochenkarte des Arbeiters) mit
dem Unternehmer nicht eins. Viele ziehen noch vor, wie seither die 3
½ Kilometer nach Unterhausen und zurück zu Fuß zurückzulegen.
Doch sollte jedes auch bedenken, dass der durch Fahren an Körperkraft
spart, also seine Gesundheit schont und daheim noch leistungsfähiger
ist. Auch kann jetzt keine Rede davon sein, dass der Unternehmer
eingutes Geschäft macht. Vielmehr ernstlich in Frage, ob er den
Betrieb fortführen kann.
Aller
Anfang ist schwer. Das gilt besonders für die Holzefinger
Verkehrsmittel. Aber was nicht anfängt, kann auch nicht gedeihen.
Mögen auch hier die Anfangsschwierigkeiten überwunden werden!
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