Donnerstag, 4. Februar 2016

Auszug aus der Oberamtsbeschreibung Reutlingen des Jahres 1824



10. Unterhausen,
ein evangelisches Pfarrdorf und Mutterkirche von Oberhausen, mit 664 E. an der Echaz, über welche hier eine Brücke führt, 1 Stunde aufwärts von Pfullingen und 1¾ Stunden von Reutlingen in einem engen und malerischen Thale gelegen; Revier Lichtenstein, Forstamt Urach. Das Patronat hat die Landesherrschaft, früher übte es im Namen der Armenpflege, welche noch jetzt den Pfarrer besoldet und das Pfarrhaus baut, die Stadt Reutlingen aus, Würtemberg hatte aber die Confirmation. Den großen Zehenten bezieht die Armenpflege Reutlingen mit Ausnahme von 9 Morgen, wo er dem Spital Nürtingen gehört; den kleinen Zehenten hat die Pfarrey, mit Ausnahme der 9 Morgen, wo Nürtingen das Zehentrecht hat. Den Zehenten aus den Wiesen bezieht wieder die Armenpflege mit Ausnahme von ungefähr 75 Morgen, wo er Nürtingen gehört; 22 Morgen Wiesen sind zehentfrey. Den Obstzehenten beziehen die Pfarrey, der Spital Nürtingen und die Herrschaft so weit deren Bezirk geht; den Weinzehenten hat die Armenpflege bis auf 5 Morgen, wovon ihn die Herrschaft bezieht. Von allen Novalfeldern bezieht die Herrschaft den großen und kleinen Zehenten. [126] Gefälle beziehen
der Staat, aus 4 ehemaligen Erblehen, aus Zinsgütern und an Theilgebühren:
Früchte – 11 Scheffel.
Geld und zu Geld berechnete Gefälle noch 30 fl. 29 kr.
Die Gemeindepflege des Orts 5 fl. 43 kr.
Die Heiligenpflege 16 fl. 3 kr.
Die Pfarrey 12 fl. 53 kr.
Ferner beziehen die Stiftungspflegen von Reutlingen und von 8 benachbarten Orten kleine Geldgefälle.
In dem ganzen Orte befand sich vor wenigen Jahren nicht ein einziger Brunnen, alles Wasser wurde entweder aus der Echaz oder aus den Quellen unmittelbar, hauptsächlich aus dem Kesselbrunnen geschöpft. Erst der jetzige Pfarrer Fischer legte einen laufenden Brunnen bey dem Pfarrhaus an, und seinem Beyspiele folgte der Rößlenswirth.
Bey dem engen Thale ist die Markung des Orts sehr beschränkt; es gehört zwar dazu noch ein ansehnliches Ackerfeld auf der Alp, aber wegen seiner Lage wird dieß nur als Wechselfeld und Weide benutzt. Hanf und Obst ist ein Haupterzeugniß der Thalgüter, auch wird hier noch Wein gebaut.
Unter den Bäumen befinden sich hier insbesondere viele Nußbäume. S. o.
Unterhausen scheint früher unter mehrere Herrn getheilt gewesen zu seyn. Im Jahr 1089 schenkt der Graf Luithold von Achalm dem Kloster Zwifalten 3 Mühlen zu Husen; im Jahr 1331 verkauft der Graf Heinrich von Vöhringen den Wutumshof sammt Kirchensatz und Vogtey der Kirche um 190 lb an den Priester Hugo Spechzart in Reutlingen, dessen Vetter, Meister Conrad Spechzart, Schulmeister in Reutlingen überläßt 1360 diesen Besitz gegen ein Leibgeding von 26 lb. Heller den Feldsiechenleuten zu Reutlingen, woraus später das Armenhaus entstand. Nach einem Lehenbrief Kaisers Maximilian vom Jahr 1518 verkaufte Bernhard Remp von Pfullingen den Lachenzehenten an das Armenhaus. Im Jahr 1355 verkauft Schwigger von Greifenstein unter Anderm auch alle seine Güter, die er zu Hausen besessen, an Würtemberg.  Auf der Markung von Unterhausen lag die Burg Stahleck, wovon noch Wall und Graben übrig sind; das Stahlecker Thal hat davon seinen Namen. Die Burg stand über Felsen am Rande des Gebirgs an dem Ende des romantischen Thälchens. Die Geschichte hat uns aber wenig davon aufbewahrt; 1322 kommt ein Dietrich von Stahleck als Zeuge vor.
Unterhausen gegenüber, auf der rechten Thalseite, ragt das sogenannte Burgholz mit einem vorspringenden Felsen hervor, welcher der Burgerstein, Burgstein genannt wird, und nach Crusius einst eine Greifensteinische Burg trug. Unter demselben bemerkt man noch ein gemauertes Gewölbe, das tief in den Berg hineinführt, und der Sage nach mit einem, unter der Echaz durchgehenden unterirdischen Gang zusammenhängt.
Dem Burgstein gegenüber, auf der andern Thalseite, erhebt sich der Lippenthaler Hohberg, der weit und breit sichtbar ist. Die darauf stehende hohe Buche nimmt man auf den Höhen von Stuttgart wahr. Der Berg gehört theils zur Unter- und Oberhäuser, theils noch zur Pfullinger Markung. An demselben ereignete sich im Jahr 1758 ein merkwürdiger Erdfall. Nach einem lange anhaltenden Regenwetter hörte man Morgens, am 29. Julius, auf den Haidenäckern ein Gerassel im Boden, des Mittags riß ein etliche hundert Fuß langes und 30 Fuß tiefes Stück vom Berge los, lief die Halde herab, nahm Feld und Bäume mit sich fort und richtete im Thale große Verwüstungen an.

Bildertanzquelle: Internet

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