Freitag, 1. Oktober 2021

Versuchsfahrten auf der Zahnradstrecke zwischen dem "Bahnhof Honau" und der "Station Lichtenstein".

 

Das Bild der Draisine stammt aus dem Archiv der Daimler Benz AG.


Nachfolgender Text stammt von unserem Freund Rainer Hipp / Lichtenstein.

Die Erstveröffentlichung erfolgte im GHV-BLOG vom 20. März 2010.

Unsere ehemalige Zahnradstrecke war einst die steilste normalspurige Bahn in Deutschland und daher auch sehr verlockend, um darauf Versuchsfahrten auszuführen. Im Oktober 1923 wurden hier unfangreiche Versuchsfahrten unternommen um festzustellen ab welcher Steigung auf Zahnradloks verzichtet werden konnte, wenn stattdessen die inzwischen zur Verfügung stehenden schweren Tenderlokomotiven T20 zur Verwendung kämen. Es kamen die Lok 77 001, später 95 001 und die Zahnradlok 97 502 zum Einsatz um Leistung und Verbrauch zu vergleichen. Die preußische T20 gehörte zu den Giganten unter den Tenderlokomotiven. Sie hatte ein Gewicht von 127,4 Tonnen und eine Leistung von 1620 Psi. Die 97 502 brachte es auf ein Gewicht von 74,9 Tonnen und hatte eine Leistung im Verbundbetrieb auf der Zahnradstrecke von 850 PSi. Auf dieser Strecke war allerdings die Zahnradlok der viel größeren 77 001 überlegen, weil diese ihre hohe Leistung, speziell auch bei nassen Schienen nicht auf das Gleis bringen konnte. Die Versuche hatten jedoch ergeben, dass die Grenze für den sicheren Reibungsbetrieb von 40°/
oo auf 70°/oo heraufgesetzt werden konnte und als Folge wurden dann einige Zahnradbahnen auf Reibungsbetrieb umgebaut. Unsere Zahnradbahn hatte 100°/oo , = 1m Steigung auf 10m Entfernung.

Auch eine Draisine, eine Gemeinschaftsproduktion der Maschinenfabrik Esslingen und Daimler Benz wurde einst auf der Zahnradstrecke ausprobiert. Sie hatte KEINEN Zahnradantrieb. Auf halber Strecke wurde mit den beteiligten Personen ein Beweisfoto gemacht. Es wurden übrigens noch drei weitere Fotos erstellt, im Bahnhof Unterhausen, auf der Drehscheibe in Station Lichtenstein und auf der Strecke nach Münsingen. Das reine Vergnügen scheint die Fahrt mit diesem offenen Fahrzeug nicht gewesen zu sein, wenn man die Leute in ihren dicken Mänteln betrachtet. Das Datum der Versuchsfahrt ist leider nicht bekannt.

Bildertanzquelle: Rainer Hipp                                                                              eArchiv: Dieter Bertsch

1 Kommentar:

  1. Hallo Zahnradbahninteressierte,

    in Deutschland gab es vor hundert Jahren 12 normalspurige Zahnradbahnen mit Personen- und Güterverkehr, davon zwei Privatbahnen.
    Die Versuchsfahrten wurden auf allen 10 Zahnradbahnen der Reichsbahn durchgeführt. Durch die dabei gewonnenen Erkenntnisse konnten 8 der Strecken auf normalen Reibungsbetrieb mit fünfachsigen Lokomotiven umgestellt werden. Die Fahrgeschwindigkeiten in den ehem. Zahnstangenabschnitten von 10 auf 30km/h erhöht werden.
    Nur die bayrische Bahn von Obernzell nach Wegscheid und unsere Strecke mussten weiterhin mit Zahnradloks betrieben werden.
    Für diese beiden Strecken wurden dann ab 1962 Zahnradschienenbusse gebaut um den Betrieb kostengünstiger zu machen. Diese enormen Betriebskosteneinsparungen reichten jedoch nicht um dem längerfristigen Druck der Bushersteller und -betreiber stand zu halten.
    Die Stadtbahn wird zukünftig aufgrund besserer Bremstechniken ohne Zahnrad die Steige befahren.

    Gruß
    Michael Staiger

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