Mittwoch, 21. September 2016

Albert Reiff, im Oktober 1968: Abschied vom Milchwagen in den wohlverdienten Ruhestand.


Das Bild zeigt Albert Reiff (rechts) mit seinem Bruder.

Ein Kapitel Unterhausener, genauer gesagt Oberhausener Geschichte, ist im Oktober 1968 zu Ende gegangen. Alber Reiff, genannt der "Milcher", ging nach 35 Jahren in den Ruhestand. Er hatte in seiner Teilortsgemeinde den täglichen Kontakt zur Bevölkerung. Aufgrund seines unerschütterlichen Humors galt er allgemein als Oberhausener Original. A. Reiff wurde 1903 in Oberhausen geboren, beendete seine Schulzeit im Krieg, zu einer Zeit, da es keine Lehrstellen gab. Er wollte Bauer werden, evtl. als Hof-Verwalter in den Osten Aussiedeln und besuchte deshalb die landwirtschaftliche Winterschule. Auf dem Ammerhof bei Tübingen wollte er sich das praktische Rüstzeug für diese Tätigkeit aneignen. Doch eine Krankheit durchkreuzte diese Pläne und Albert Reiff ging in die Fabrik. Dann kam für ihn die Zeit der Arbeitslosigkeit, die im Mai 1933 damit endete, daß für die örtlichen Milchbauern in seiner Heimatgemeinde eine Genossenschaft gegründet wurde, bei der er einen Posten übernahm.

20 Bauern brachten anfangs Milch zur Sammelstelle in einen gemieteten Raum im ehemaligen Rathaus von Oberhausen. Albert Reiff nahm hier jeden Morgen und Abend die Milch entgegen, bediente die primitive Kühlanlage, die mit der Wasserleitung gekoppelt war und fuhr allmorgendlich Milch und Butter zum Verkauf mit dem Handwägele durch die Straßen. Mit der wohlbekannten Schelle machte er sich bemerkbar.

Die Zahl der Anlieferer wie der Käufer wuchs. Der Milchfahrer war mittlerweile mit Pferdegespann und dann mit Motor-Dreiradwagen unterwegs. Den 2. Weltkrieg überlebte er als Soldat in Rußland. In den Notjahren danach kam der gute alte Handkarren wieder zu Ehren. Wie eh und je schöpfte Albert Reiff aus den Kannen und hatte manchen guten Rat an die Hausfrauen. Wenn er anderweitig beschäftigt war, übernahm seine Frau Helene diese Arbeit.

Zu Beginn der Sechzigerjahre mußte A. Reiff noch "umsatteln": Mit 57 Jahren machte er noch den Führerschein, denn jetzt besuchte er die Kundschaft per Kleinbus, dabei hat sich das Warenangebot ständig erweitert.

Nicht nur Milch holten die Oberhausener beim "Milcher Albert", sondern auch gute Ratschläge und Unterstützung. Er war Geburtshelfer bei Kälbern, er kannte stets die Nöte seiner Mitbürger, sah deren Kinder und Enkel aufwachsen, erlebte die ständige Vergrößerung der Gemeinde und den Zuzug vieler neuer Menschen nach Unterhausen.

Im Ruhestand sah man ihn manchmal bei schönem Wetter vor seinem Haus in der Ludwigstraße auf der Bank sitzen. Mit manchem Passanten wurde dann noch oft ein kurzes "Schwätzle" gehalten.

Foto + Textauszüge: Reutlinger GEA, vom 24. 10. 1968                                                Bearbeitung + eArchiv: Dieter Bertsch

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