Nachfolgender Text wurde dem Mitteilungsblatt des PA(V) 741 Reutlingen entnommen. "Der reitende Bote", 4. Jahrgang, Nr. 40 (August/September 1976). Walter Schüle, Friedrichstraße 17, hat das vorher genannte Mitteilungsblatt dem Archiv des GHV-Lichtenstein überlassen.
Im März des Jahres 1876 erhielt der Adlerwirt, Herrmann Schüle, in Unterhausen von der Königlichen Postdirektion in Stuttgart die Mitteilung, daß ihm die Stelle eines Postagenten mit Wirkung vom 1. Mai 1876 an übertragen wird. Verbunden hiermit war die Auflage, bis zu dem genannten Tage ein zur Versehung der postdienstlichen Verrichtung geeignetes Lokal bereit zu stellen. Das Gehalt für die Besorgung der Postablagegeschäfte, für die Stellung des Lokals und für die Ausführung des Bestelldienstes im Ort wurde auf jährlich 200 Mark festgesetzt.
Postamtssekretär Münz aus Stuttgart berichtet am 10. Mai 1876 über die Eröffnung der Postagentur in Unterhausen: "In Befolgung des hohen Auftrags, vom 18. März d.J., habe ich mich am 30. April nach Unterhausen begeben, dort die neu errichtete Postagentur eröffnet, den Postagenten Schüle verpflichtet, in den Dienst eingewiesen und mit ihm einen Dienstvertrag abgeschlossen. Der Postschalter ist geöffnet vormittags von 7 bis 10 Uhr. Die Postsendungen im Ort werden ausgetragen, täglich einmal um 6 1/2 Uhr früh. Die Bestellung der Postsendungen und Zeitungen wird besorgt durch eine des Postagenten stehende Verwandte desselben, Magdalene Herrmann von Ohnastetten, ein solides und zuverlässiges Mädchen von 18 Jahren. Die Protokolle über ihre Verpflichtung und Abnahme des Handgelübtes liegen bei. Bei dem nicht unbedeutenden Postverkehr in Unterhausen dürfte dem Schüle, welcher sehr eifrig ist, aber langsam auffasst, zum erstmaligen Rechnungsabschluss und zur Erledigung etwaiger Anstände am letzten des Monats ein Beamter, vielleicht vom Postamt Reutlingen, zur Unterstützung beigegeben werden."
Zehn Jahre später, im März 1886, übergibt der Adlerwirt Schüle die zusätzliche Tätigkeit eines Postagenten an den Lammwirt Bader. Dieser benennt für seine Unterstützung und Vertretung im Postdienst seine Ehefrau Mathilde und zur Bestellung der Postsendungen den Polizeidiener Jakob Schneider. Als Dienstlokal wurde der im Parterre des "Gasthauses Lamm", gegenüber dem Wirtschaftszimmer gelegene Raum eingerichtet. Die Dienstzeiten waren im Jahre 1886 wie folgt festgesetzt: Werktags 6 - 9 Uhr und 15 - 17 Uhr, Sonntags 8 - 9 Uhr, 11 - 12 Uhr und 16 - 17 Uhr. Oberpostsekretär Henger von der Generaldirektion nahm die Übergabe von Schüle an Bader vor und schrieb: "Der zur Diensteinweisung des neuen Agenten abgeordnete Praktikant Heinze dürfte noch in Unterhausen belassen sein, wenigstens glaube ich, daß Postagent Bader, der etwas schwer begreift, durch gehörige Unterweisung bis dorthin soweit gebracht werden kann, dass er den Dienst allein zu versehen im Stande ist, dem Praktikant Heinze habe ich das Nötige empfohlen."
1889 starb der Privatbriefträger Schneider. Nachfolger wurde der Polizeidiener Reinhardt.
Im Jahre 1894 wird berichtet: "Seine Majestät der König haben am 2. November allergnädigst geruht, die Errichtung einer Telegraphenanstalt in Unterhausen, Oberamt Reutlingen, zu verfügen." Am 12. Januar 1895 wurde die Telegraphenanstalt mit Telephonbetrieb eröffnet und mit der Postagentur vereinigt. Zum Bestellbetrieb der Telegraphenanstalt gehören die Wohnplätze Oberhausen, Stahleck, Übersberg und Unterhausen. Die Belohnung des Postagenten wurde jetzt von jährlich 450 Mark auf 522 Mark erhöht. Nach Eröffnung des Telegraphenbetriebs wurde der von den Gemeinden Ober- und Unterhausen zu den Kosten der Telegrapheneinrichtung gemeinschaftlich zugesicherte Betrag von 350 Mark eingezogen.
Im September 1895 nahm der Privatbriefträger Reinhardt seinen Abschied. Nachfolger wurde der Polizeidiener Matthias Schüle. 1897 starb der Unterhausener Postagent Bader. Neue Postagentin wurde seine Witwe Mathilde Bader.
Bearbeitung + eArchiv: Dieter Bertsch
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