Im "Heimatboten für Holzelfingen", vom November 1930, hat Pfarrer Paulus zum obigen Foto das Nachfolgende veröffentlicht:
Die Leser werden gesehen haben, daß die Grabplatte zwei Inschriften hat. Die eine, die Umschrift, in gotischer Schrift, also deutsch; die andere lateinisch. Die gotische Umschrift lautet: Anno dom. M,C.C.C.C.LXXXXIIII. jar (= im Jahre des Herrn 1494) starb. tilgen.goesin. von. Holzelfingen. der. got. gnedig. sin. well. Man nimmt an, daß der Name tilgen (= Ottilie) goesin der Name der letzten Greifensteinerin sei, die im Chor der Kirche, der alten Grabstätte der Greifensteiner, beigesetzt worden sei; vielleicht einer Tochter des Burckhardt von Gochzen, Vogt und Forstmeister des Klosters von Zwiefalten.
Im Jahr 1717 sodann ist diese Grabplatte zum Grabdenkmal für seine Töchter von Pfarrer Sehner benützt worden. Das sagt die lateinische Inschrift, die ausgeschrieben und übersetzt lautet: In Nomine Jesu (= im Namen Jesu). Amatissimis fibiabus suis hic sebultis (= seinen innig geliebten, hier begrabenen Töchtern) Juditae Veronicae. Mariae Margaretae. Annae Reginae (= Judita Veronica, Maria Margarete, Anna Regina) variolis dysenteriis IX mensium spatio extinctis (= welche an verschiedenen Darmerkrankungen (Ruhr) innerhalb 9 Monaten gestorben sind) signum hoc doloris sculpsit ipsa patris Sehneri manus (= hat dieses Trauerdenkmal eigenhändig gemeißelt der Vater Sehner. M.DCC.XVII (= 1717).
Merkwürdigerweise ist im Totenregister nur der Tod der siebenjährigen Juditha Veronica, am 6. Dezember 1716 eingetragen, mit der Angabe, daß sie an den "leidigen Durchschlechten" (Pocken ?), die damals "allenthalben grassiert", gestorben sei. Weiter ist hinzugefügt, daß zu ihrer letzten Ehre, an ihrem Namenstag ("Veronica"), am 4. Februar 1717, das schöne Epitaphium (= Grabschrift oder Grabstein) in der Kirche aufgehängt worden sei.
Die beiden anderen auf dem Grabstein erwähnten Töchter, Margareta und Regina sind am 24. August 1712 und 15. März 1717 geboren. Sie müssen zwischen dem 6. Dezember 1716 und 6. September 1717 gestorben sein. Im Totenregister ist zwischen dem 21. März 1717 und 9. August 1719 kein Eintrag, dagegen Raum gelassen, wie zum nachträglichen Eintrag noch nicht geschriebener Todesfälle.
Das im Totenregister erwähnte Epitaphium kann nicht die Grabplatte sein, denn das Epitaphium ist am 4. Februar 1717 "in der Kirche aufgehängt worden". An diesem Tag war die auf der Grabplatte genannte Anna Regina noch gar nicht geboren. Das Epitaphium wird vielmehr eine Schrift gewesen sein, die dann wieder weggenommen wurde, als Ende 1717 das steinerne Denkmal für die 3 Töchter aufgerichtet war.
Jetzt ist die Grabplatte an der Außenwand der Sakrestei aufgerichtet und festgemacht und zeugt von Sterben und Trauer und vergangener Herrlichkeit aus den Tagen der Väter.
Im November 1930.
Bearbeitung + eArchiv: Dieter Bertsch
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