Sonntag, 29. September 2019

Im Oktober 1958: Seltener Besuch aus Afrika in Unterhausen.


Auszüge eines Berichts aus dem "Reutlinger GEA", vom 11. Oktober 1958:

Viele Unterhausener sind erstaunt, nur sie nicht, dass man mit 87 Jahren von Südwestafrika eine Schiffsreise durch den Atlantischen Ozean antritt, um die Verwandtschaft in Unterhausen zu besuchen. Sie hält es für die natürlichste Sache von der Welt. Und ebenso natürlich findet sie es, dass sie Ende Oktober wieder in See sticht, und nach Karibib in Südwestafrika, ihrem Heimatort seit 1902, wieder zurückkehrt. "Dort bin ich nun mal Zuhause." Frau Wolf, die zur Zeit bei ihrer Nichte in Unterhausen wohnt, gehört zu jenen unternehmungsfreudigen Menschen, deren Zähigkeit gerade in Südwestafrika ein fast unerschütterliches Vertrauen in die Deutschen schuf. Man muss ihren Geburtsschein sehen, um das zu glauben. "In meinem jugendlichen Alter", sagt sie, "muss man noch etwas tun."

Ihr schon länger verstorbener Mann hatte bereits mit Ohm Krüger in Südafrika gegen die Engländer gekämpft. Das Ehepaar gründete eine Eisen- und Maschinenhandlung, die zur dauerhaften Existenzgrundlage wurde. Sie lebten glücklich und zufrieden gemeinsam mit den Hottentotten, Ovambos und Hereros. Seit über dreißig Jahren ist Frau Wolf Witwe und solange verwaltet sie selbständig die Wolfsche Eisenwarenhandlung. In ihrer Stimme hört man eine tiefe Zuneigung heraus, wenn sie von ihren schwarzen Eingeborenen spricht. Diese sind den meisten Deutschen auch in den schweren Kriegsjahren treu zur Seite gestanden.

Was ihr bei uns am allermeisten auffiel? "Dass die Mädchen in Hosen herumlaufen! Solche Hosenmädchen gibt es in Afrika nicht."

Bearbeitung + eArchiv: Dieter Bertsch

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