Donnerstag, 11. Februar 2016

Aus Oberamtsbeschreibung Reutlingen >Lichtenstein< 1824



Lichtenstein,
ein Förstershaus und Sitz eines Revierförsters, unmittelbar über Honau. Es ist dieß das berühmte Lichtensteiner Schlößchen, sogenannt, weil es auf dem Grunde des alten Lichtensteiner Schlosses steht, das im Jahr 1802 als baufällig abgebrochen und durch das gegenwärtige Gebäude ersetzt worden ist. Dieses neue Gebäude hat nun freylich nicht mehr das Aussehen eines alten Ritterschlosses, aber um seiner Lage willen ist es nichts desto weniger eine große Merkwürdigkeit der Alp. Das  Gebäude ruht auf einem sehr hohen, frey aufsteigenden und von der Gebirgswand ganz abgesonderten Felsen, so daß es die ganze Fläche des Felsenscheitels einnimmt und mit dem Gebirge nur durch eine Brücke, als dem einzigen Zugang, verbunden ist. Es liegt 2540 Pariser oder 2880 Würtemberg. Fuß über der Meeresfläche, und ungefähr 800 Fuß über dem Echazthale, in welches man aus den Fenstern schaudernd hinabblickt. Man genießt hier eine herrliche und weite Aussicht, tief in das Unterland hinab. Das alte Schloß war eines der festesten und sichersten Rittersitze, der bey aufgezogener Brücke ganz unerreichbar war. Der vertriebene Herzog Ulrich soll deßwegen auch, nach Crusius, hieher seine Zuflucht genommen, und eine Zeit lang heimlich hier sich aufgehalten haben, so daß er, wenn er vor das Schloß kam, immer nur mit den Worten anrief: „der Mann ist da.“
Das Schloß war ehedem Eigenthum und Sitz der Herren von Lichtenstein, welche in- und außerhalb der Gegend mehrere Güter und Rechte hatten, übrigens Vasallen von Würtemberg waren. Im Jahr 1243 verkauft Gero von Lichtenstein dem Kloster Bebenhausen den halben Zehenten zu Tusselingen (Dußlingen) für 75 lb. und von dieser Zeit an kommen die Lichtenstein gar häufig vor. Ein Lichtenstein war auch unter den Gefallenen bey Reutlingen, und Johannes von Lichtenstein war mit Graf Eberhard dem Milden von Würtemberg auf dem Concilium zu Constanz. Schon frühzeitig verkauft die Familie ein Gut nach dem andern. Unter den verkauften Gütern waren auch Bitz und Willmandingen. Es ist jedoch zu bemerken, daß es auch auf der südlichen Seite der Alp in der Gegend der Lauchart, bey Neufren, zwey Schlösser gleiches Namens (Hinter- und Vorder-Lichtenstein) gab, und es läßt sich nicht angeben, ob die Besitzer von Einer Familie waren, und von welchem Theile gerade jene Verkäufe zu verstehen sind? Überhaupt wiederholt sich der Name Lichtenstein so häufig als die Namen Lichtenberg, Leuchtenberg etc. etc.; ohne Zweifel alle von den Feuerzeichen, die ehemals da gegeben wurden, so genannt. Zu unserem Lichtenstein waren, laut Lagerbuchs,  die im Pfullinger Thale gelegenen 3 Dörfer nebst Holzelfingen, bis auf unsere Zeiten frohnpflichtig.
Es ist nicht genau anzugeben, wann Lichtenstein an Würtemberg gekommen; in dem, von dem Grafen von Sulz dem Kaiser übergebenen Würt. Lehensverzeichniß vom Jahre 1420 kommt Lichtenstein als der Herrschaft Würtemberg eigen, vor. Aus einem, nach dem Städtekrieg, im Jahr 1389 zwischen Würtemberg und Reutlingen abgeschlossenen Vergleich erhellt, daß die Stadt Reutlingen sich in den Besitz von Lichtenstein gesetzt hatte, daß aber dieses den Reutlingern von Würtemberg abgenommen, und als ein offen Haus und Lehen angesprochen wurde. In eben demselben Vergleiche wird auch wegen eines Herrn von Lichtenstein festgesetzt: „und als Anshelm von Liechtenstein (nach Sattler von Höllenstein) und Schwenger von Liechtenstein sich scharfer und ehrenrühriger Wort wider die von Reutlingen vor dem Krieg vermerken lassen, wollen die von Reutlingen der Herrschaft Würtemberg zu Dienst und unterthänigen Ehren, als wenn sie nit geredt wären worden, lassen hin seyn.“
Eine Viertelstunde oberhalb Lichtenstein, auf derselben Thalseite findet man noch die Spuren eines zweyten Schlosses, „die alte Burg“ genannt.
An der Fahrstraße, welche von Lichtenstein in das Thal hinab führt, sieht man das sogenannte Brunnenloch

Bildertanzquelle: Internet

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